Gil Ofarims Glaubwürdigkeit leidet, dennoch glaube ich prinzipiell Opfern von Rassismus!

von | 18.10.2021 | Rassismus

Gil Ofarim hat persönliche Antisemitismusvorwürfe erhoben.Foto: Tina Petrik, CC BY-SA 4.0. 

Ich habe zur Solidarität mit Gil Ofarim aufgerufen, nachdem er über Instagram einen mutmaßlich antisemitischen Vorfall in einem Leipziger Hotel angeprangert hat. Nun gibt es berechtigte Zweifel an Gil Ofarims Glaubwürdigkeit (1).
 
In einem Instagram-Video hat Gil Ofarim ursprünglich behauptet, dass ein Hotel-Mitarbeiter ihn aufgefordert habe, seinen Davidstern einzupacken. Erst dann, dürfe er einchecken. Auf den Videos der Überwachungskameras soll jedoch laut Medienberichten kein Davidstern zu erkennen sein.
 
In einer Vernehmung habe Ofarim gesagt, er wisse nicht mehr sicher, ob er an dem Abend eine Kette trug. Gegenüber der “Bild am Sonntag” äußerte sich Ofarim auf Anfrage und sagte: “Es geht nicht darum, ob die Kette zu sehen war.” Es gehe darum, dass er antisemitisch beleidigt worden sei. Möglicherweise ist Gil Ofarim antisemitisch beleidigt worden, aber mindestens ein zentraler Teil seiner Darstellung ist sehr zweifelhaft. Und darunter leidet seine Glaubwürdigkeit insgesamt.
 
Gil Ofarim hat Betroffenen von Antisemitismus oder anderen Rassismen einen Bärendienst erwiesen. Rechte Kreise zweifeln die Rassismus-Erfahrungen von Betroffenen ohnehin an. Nun könnten diese Zweifel in weiteren Teilen der Bevölkerung zunehmen.
 
War es nun ein Fehler, dass sich viele Menschen und Medien mit Gil Ofarim solidarisiert haben, ohne die Ermittlungen abzuwarten? Aus meiner Sicht nicht. Es gilt für Beschuldigte natürlich im juristischen Sinne die Unschuldsvermutung, aber: Ich würde mich jederzeit wieder mit einer Person solidarisieren, die angibt von Rassismus oder Antisemitismus betroffen zu sein. Für Betroffene ist es oft schwierig genug, rassistische Diskriminierungen nachzuweisen. Umso wichtiger ist es, dass ihre Schilderungen nicht von vornherein angezweifelt werden.
 
Es wird gewiss einzelne Menschen geben, die aus welchen Gründen auch immer Rassismus-Erfahrungen erfinden, aber ich gehe davon aus, dass die überwiegende Mehrheit aller Betroffenen die Wahrheit sagt, denn: Ich habe Rassismus schon oft genug erlebt, beobachtet und diverse Studien bestätigen, dass Rassismus hierzulande ein weit verbreitetes Problem ist (4).

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