Jüdische Gemeinde Dortmund: Zwischen Kleiderspenden, Klavierstücken, Traumata und Fürsorge

von | 02.05.2022 | migration

Refugees Welcome | Bild: unsplash

Auch wenn der Ukrainekrieg eine strategische Wendung genommen hat, kommen weiterhin Geflüchtete. Anfang April gab es circa 5.000 ukrainische Geflüchtete in Dortmund, mittlerweile dürften es mehr sein. Vielen, die hier ankommen, fehlt es am Nötigsten. Damit werden sie unter anderem in der jüdischen Gemeinde in Dortmund versorgt, die bereits zu Beginn des Angriffskrieges Sachspenden für die Ukraine sammelte. 

„Es ist schon eine Überwindung hier rein zu kommen. Nicht wegen der Menschen, sondern wegen der nötigen Sicherheitsvorkehrungen, wie der Polizei vor der Tür und der Sicherheitsschleuse am Eingang“, erzählt der freiwillige Helfer Stefan Steder. Dieser betreibt eigentlich einen Antiquitätenladen im Dortmunder Kaiserviertel, hat diesen aber geschlossen, um weiterhin in der Gemeinde mit der Verteilung der Spenden zu helfen. Denn mit seinen Erfahrungen zu Logistik, Teamleitung und Verteilung kann er sich in der jüdischen Gemeinde auch als Christ sehr gut einbringen. Denn der Glaube spielt hier weder bei den Helfenden noch bei den Geflüchteten eine Rolle. 

Stefan Steder hilft nicht allein. Frauen, die bereits am Anfang des Krieges aus der Ukraine geflüchtet sind, räumen Kleidung aus den Kisten in die Regale. Alles ist nach Größen, Geschlecht und Art der Kleidung sortiert, die in einer provisorisch eingerichteten Umkleidekabine anprobiert werden können. Generell erinnert der Raum eher an einen Second Hand Laden und nicht unbedingt an Spenden für Geflüchtete. 

Das ändert sich, als auf russisch ein Raunen durch die Regalreihen zu hören ist: „Er ist aus Mariupol geflohen“. Gemeint ist ein Mann, der sich gerade Kleidung aussucht. Schlagartig verfliegt die kurzzeitige Leichtigkeit und alle haben wieder die Schreckensbilder vor Augen. Untermalt wird dieses Gefühl als Olga, die in der Ukraine Klavier und Ballettlehrerin war, sich ans Klavier setzt und das Titellied der Sowjet-Serie „17 Augenblicke des Frühlings“ spielt. Nachdem ihre Finger auf den Tasten des Klaviers zum Ruhen kommen, schließt sie das Musikstück mit den Worten: „Ich warte auf den Zeitpunkt, an dem wir wieder fröhlichere Lieder spielen können“. 

 

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