Reiche Menschen sind die wahren Profiteure der “Gratismentalität”

von | 05.09.2022 | Klassismus

Die wahren Günstlinge der Gratismentalität

Kaum eine Woche vergeht ohne einen Fauxpas von Christian Lindner.  In dieser Woche brillierte er mal wieder mit einem Kommentar zur Fortsetzung des 9-Euro-Tickets. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen sagte der Finanzminister, dass es keine finanziellen Mittel für die Fortsetzung gäbe und er auch nichts von einer „Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen“ halte. Ich wusste zwar, dass Lindner und ich wahrscheinlich eine andere Sicht auf Geld haben, allerdings war mir neu, dass monatlich 29/49/69 Euro, so viel wie die vorgeschlagenen Nachfolgetickets kosten sollen, gratis fahren bedeutet. Und für jemanden, der die Security für seine Luxushochzeit auf Sylt mit Steuergeldern finanziert, lehnt sich Linder da ziemlich weit aus dem Fenster.

Aber nun gut, ich will nicht weiter auf Christian Lindner rumhacken, nicht weil ich Mitleid habe, sondern weil es zu leicht geworden ist. Allerdings würde ich schon ganz gerne auf diese sogenannte Gratismentalität eingehen, denn ich hab da ein paar Fragen. Zum Beispiel würde ich gerne wissen, ob diese besagte „Gratismentalität“ nur arme Menschen betrifft, insbesondere solche, die kein Auto fahren und ob Bundestagsabgeordnete grundsätzlich gegen dieses Syndrom immun sind? Ach und ganz generell ist diese Gratismentalität eigentlich ansteckend? 

Warum ich das Ganze frage? Weil aus meiner Sicht ganz schön viel Gratismentalität unter Menschen in unserer Bevölkerung herrscht, die finanziell eher auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Denn Autobahnen werden ebenfalls von unser aller Steuergelder bezahlt, egal, ob man sie nutzt oder nicht. Genauso wie das Dienstwagenprivileg mit dem man seinen Dienstwagen auch privat nutzen kann und dem Bund hierdurch jedes Jahr um die 4,4 Milliarden Euro entgehen. Im übrigen nutzen dieses Privileg insbesondere Menschen mit einem Monatsnettoeinkommen von 5.500 Euro und mehr. Da sich Menschen aus dieser Einkommensklasse auch eher Fernreisen leisten können, werden sie auch noch von den Subventionen auf Flugreisen profitieren können.

Aber nicht nur im Verkehr nimmt Gutverdiener*in, was er*sie kriegen kann. Gerade beim Erbe kann abgeräumt werden, denn ein Erbe von bis zu 500.000 Euro des*der Lebenspartner*in ist steuerfrei, sowie 400.000€ eines Elternteils alle zehn Jahre. Insgesamt führte die laxe Erbschaftssteuer dazu, dass nur zehn Prozent aller Erbschaften überhaupt besteuert werden und sogar einige reiche Menschen nach einer höheren Besteuerung rufen! Und wenn die schon selbst danach verlangen, sollte uns das zu denken geben.

Aber nochmal zurück zu Linder: Unser Finanzminister hatte nicht nur bei seiner Hochzeit einen Anflug von Gratismentalität. Denn jeder Bundestagsabgeordnete bekommt die BahnCard 100 – natürlich für die erste Klasse – und den Fahrdienst des Bundestages in Berlin und würde somit nie in die Bredouille kommen, mit den Normalbürgern den Nahverkehr nutzen zu müssen. Nein, er bekommt auch jeden Monat eine sogenannte Abgeordnetenentschädigung – allgemein bekannt unter Diäten – von mittlerweile 10.323,29 Euro. Diese wurde zuletzt im Juli um 300 Euro erhöht, da sie automatisch an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt ist. Das ist zwar auch kein Mehrverdienst durch eigene höhere Leistungen, aber wie wir bereits festgestellt haben, ist Christian Lindner zu reich für eine Gratismentalität, denn die kann ja nur arme Menschen betreffen.

Hat dir der Artikel gefallen oder hast du eine Meinung dazu? Dann kommentiere unsere Beiträge auf Facebook oder Instagram.