Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört auch uns! 

von | 05.09.2022 | Diskriminierung

Wer bestimmt über die Inhalte des ÖRR?

Mal wieder sind die Stimmen laut, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) abgeschafft gehört. Diesmal kommt der Ruf nach der Abschaffung nicht nur von rechts, den Querdenker*innen und Verschwörungstheoretiker*innen, also jene, die „Lügenpresse“ auf den Demos skandieren. Nein, diesmal kommen diese Stimmen aus der Masse, den es gibt einen handfesten Skandal: Patricia Schlesinger, die frisch gekündigte Intendantin des rbb, bereicherte sich persönlich mit teuren Abendessen, einer Luxuskarosse aka Dienstwagen und Vetternwirtschaft. Das alles gehört aufgearbeitet, die Strukturen, Ausgaben und Bezahlungen des ÖRR gehören transparent gemacht, ohne Frage!

Allerdings fiel währenddessen eine Sache – genauer gesagt eine Studie der Neuen deutschen Medienmacher*innen-(NdM) zu den Rundfunkbeiräten unter den Tisch. In der Studie „Welche Gesellschaft soll das abbilden? Mangelnde Vielfalt in Rundfunkstätten und was dagegen hilft“ untersuchten die NdM die zwölf Aufsichts- und Kontrollgremien mit ihren 542 Mitgliedern. Denn diesen Menschen fallen wichtige Aufgaben zu: Sie sollen dafür sorgen, dass der gesetzliche Sendeauftrag erfüllt wird, sie wählen den*die Intendant*in und sollen insbesondere die Vielfalt der Gesellschaft in den ÖRR tragen. Damit der letzte Punkt auch gewährleistet werden kann, ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die Rundfunkräte einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden sollen. Und so viel sei schonmal verraten, dieses Ziel wurde maßlos verfehlt. 

Während Repräsentant*innen etablierter Gruppen wie der katholischen und evangelischen Kirche, der Politik und von Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberverbänden insgesamt 56 Prozent der Plätze einnehmen, sind Muslim*innen nur in vier Beiräten vertreten, Rom*nja und Siniti*zze sogar nur im SWR-Gremium. Für Kurd*innen, Schwarze Menschen, Russland- und Türkei-Deutsche gibt es INSGESAMT nur einen einzigen Sitz. Geschenkt sei hier mal die Tatsache, dass Menschen mit Migrationshintergrund allein 27 Prozent der deutschen Gesellschaft ausmachen und Afro-Deutsche in diese Rechnung noch nicht mal mit eingeflossen sind. 

Zusätzlich bilden die Rundfunkbeiräte auch nicht ansatzweise den Alterdurchschnitt in Deutschland wieder. Denn während das Durchschnittsalter in der Bevölkerung bei 44,6 Jahren liegt, wird dieser in den Rundfunkbeiräten mit 57,8 Jahren angegeben. Das liegt unter anderem daran, dass fast die Hälfte der Mitglieder älter als 60 Jahre alt ist und in vielen Gremien Menschen unter 35 komplett fehlen. Dabei machen Menschen  bis 40 Jahren mit 42,9 Prozent den größten Anteil der Bevölkerung aus.

So sehr ich das Verhalten von Patrica Schlesinger und allen in den Skandal verwickelten Personen verurteile, so sehe ich in den Ergebnissen der Studie der NdM, den viel größeren Skandal. Denn ausgerechnet marginalisierte Menschen, die im ÖRR mindestens klischeehaft, häufig aber auch rassistsich gezeichnet werden, haben keine Chance gegen diesen Missstand anzugehen und das obwohl es ihnen gesetzlich zustehen würde! Der ÖRR trägt maßgeblich zu einer funktionierenden Demokratie bei und sollte somit auch alle Bügrer*innen eben dieser repräsentieren!

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