Deutsche Medien: Hört auf, diesen Mann zu glorifizieren!

von | 13.09.2022 | Rassismus

Gorbatschow in den 1990er Jahren

Am 30. August vermeldete das zentrale klinische Krankenhaus (ZKB) in Moskau „Heute Abend ist nach schwerer und langer Krankheit Michael Sergejewitsch Gorbatschow gestorben“. Ein geschichtsträchtiger Mann, sowohl für das globale Weltgeschehen, als auch für meine ganz persönliche Biografie. Denn ohne Gorbatschows „Perestroika“ (Umbau) und „Glasnost“ (Offenheit) und den damit verbundenen Abbau der Sowjetunion wäre ich, wäre meine Familie und wären drei Millionen andere Menschen aus der ehemaligen Sowjet-Union nicht in Deutschland. Man könnte sagen, die Bürger*innen der ehemaligen DDR und viele andere Menschen sollten dem Friedensnobelpreisträger Gorbatschow dankbar sein.

Und ich bin dankbar. Sehr oft in meinem Leben habe ich meinen Eltern dafür gedankt, den mutigen Schritt in die Ungewissheit eines fremden Landes gegangen zu sein. Sehr oft war ich dankbar dafür, dass die totalitäre, diktatorische und gegen die eigene Bevölkerung terroristisch agierende Sowjetunion offiziell ein halbes Jahr vor meiner Geburt endete. Allerdings war ich nie explizit Gorbatschow dankbar, denn anders als es viele Beiträge zum Tod von Gorbatschow glauben lassen, war es nicht unbedingt Gorbatschows Verdienst, dass die Sowjetunion endete. Es war ein Zusammenspiel verschiedener politischer Kräfte, der Wille des Volkes nach Freiheit und nicht zuletzt das marode System selbst, das zur Abschaffung führte.

Doch das scheint vielen deutschen Medien egal zu sein. Der Heiligenschein auf Gorbatschows Kopf scheint nach seinem Ableben, heller als je zuvor zu scheinen. Vergessen wird die Ambivalenz, mit der Gorbatschow gesehen werden sollte. Einerseits war er bis zuletzt Aktionär der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gazetta“, andererseits befürwortete er klar die Krimannexion. Er ließ gleichzeitig die Menschen auf den Demos in der DDR gewähren, während die Unabhängigkeitsdemos in Geogien, Litauen und Lettland brutal durch das sowjetische Militär niedergeschlagen wurden und zu zahlreichen Toten führten. Und nicht zuletzt brach unter Gorbatschow der Krieg um Berg Karabach wieder aus, der auch heute noch immer wieder aufflammt. 

Gorbatschow ist kein heiliger und deutsche Medien sollten aufhören ihn so zu zeichnen. Denn es war zu keinem Zeitpunkt seine Absicht die Sowjetunion abzuschaffen. Wenn wir über Gorbatschow sprechen, dann sollten wir das nicht mit der rosaroten Brille der Vergangenheit tun, sondern der Realität endlich knallhart ins Gesicht blicken!

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