Papst in Kanada: Schuld sind doch wieder die anderen
Papst
Seit dem vergangenen Montag reiste der Papst für sechs Tage in einer, wie er sagte „Bußwallfahrt“, durch Kanada, um Überlebende und ihre Nachkommen der sogenannten Residential Schools zu treffen, um sich für die grausamen Taten innerhalb dieser Einrichtungen zu entschuldigen. Bitter nötig, wenn man nicht nur bedenkt, wie viele Kinder in diesen Schulen von Kathollik*innen misshandelt und sexuell missbraucht wurden als auch durch Vernachlässigung und durch die katastrophalen Zustände, die dort zu tausenden Toten führten. Sondern auch, dass der Abschlussbericht zu den Residential Schools bereits 2015 eine Entschuldigung des Papstes binnen eines Jahres forderte.
Wie wir alle gesehen haben, brauchte es sieben Jahre, bis der Papst sich bemüssigte nach Kanada zu kommen. Und auch wenn die ersten Tage voll und ganz im Sinne der Buße standen, Entschuldigungen ohne wenn und aber rauskamen und es zum ersten Mal so wirkte, als könne es wirklich mehr als eine Floskel sein, wurde am Donnerstag der Relativierungshammer ausgepackt. Denn das System der Residential Schools wurde zwar weiterhin als erbärmlich tituliert, jedoch wurde gleichzeitig die kanadische Regierung als Hauptverantwortliche ausfindig gemacht und die Kirche zum ausführenden Lakaien eben dieser Regierung degradiert.
Nun, ich möchte die kanadische Regierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen und ich glaube es gibt auch für diese noch genug Arbeit zu tun! Allerdings sollte hier nicht unerwähnt bleiben, dass Kanada 40 Milliarden kanadische Dollar für die Entschädigung und Aufarbeitung der Misshandlungen und Missbräuche in den Residential Schools zur Verfügung stellt. Während die katholische Kirche, nachdem sie 2006 zu einer Zahlung von 25 Millionen kanadischer Dollar aufgrund der Misshandlungen in den Schulen verklagt wurde, gerade einmal vier Millionen davon bezahlt hatte. Gleichzeitig stellt sie sich bei der Aufarbeitung quer und gibt die Akten zu den Schulen nicht frei, wodurch zum Beispiel auch weitere Gräber nicht gefunden und die Menschen darin nicht würdig begraben werden können.
Besonders perfide finde ich die Relativierung, weil es ein Kontinuum darstellt. Ein Kontinuum von Machtmissbrauch gegenüber schutzlosen Kindern, von Kolonialismus und kulturellem Völkermord auf der ganzen Welt, als auch dem entziehen der Verantwortung für diese systematischen Fälle. So lange keine strukturelle Aufarbeitung innerhalb der Kirche auch durch Externe geschieht, solange die Verantwortung nicht komplett übernommen wird und ja auch solange die Kirche keine ordentlichen Reparationszahlungen aus ihrem exorbitanten Vermögen tätigt, solange erscheinen mir diese und jede weitere Entschuldigung der Kirche scheinheilig.
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