Die Abschaffung des “Werbeverbots” für Schwangerschaftsabbrüche war nicht genug!

von | 01.07.2022 | Feminismus

Mein Bauch gehört mir! | Bild: unsplash

Frust und Freude lagen für mich selten so nah beieinander wie an diesem Wochenende. In Deutschland wurde §219a (das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche) abgeschafft, während gleichzeitig in den USA das Recht auf Abtreibung vom Supreme Court gekippt wurde. Die einen bewegen sich nach vorne, die anderen zurück und so treffen sie sich dann irgendwo in der Mitte. 

Diese Aussage mag jetzt einige verwundern, da wir in Deutschland doch wesentlich progressiver als diese rückwärtsgewandten fundamentalen Christ*innen in den USA sind. Aber ist das wirklich so? Wenn wir uns die Gesetzeslage anschauen, muss ich euch leider enttäuschen. Denn anders als in den USA waren Abtreibungen in (West-)Deutschland nie legal. Laut §218 des StGB drohen Schwangeren bei einer Abtreibung bis zu drei Jahren Gefängnis. Erst §218a konkretisiert, dass Abtreibungen unter bestimmten Kriterien straffrei sind – aber immer noch nicht legal!

Gut, man könnte jetzt sagen, Hauptsache es kann abgetrieben werden und der Rest ist Haarspalterei. Allerdings sind diese „bestimmten Kriterien“ extrem entmündigend, da nicht nur ein verpflichtendes Beratungsgespräch nötig ist, sondern danach auch noch drei verpflichtende Bedenktage! Erst dann können Schwangere bei einem Arzt/einer Ärztin (sofern sie denn eine*n in der Nähe finden) medikamentös oder operativ abtreiben. Und während seit letztem Jahr in den USA die Abtreibungspille per Post an die betroffene Person verschickt werden darf, muss in Deutschland ein Arzt*eine Ärztin bei der Einnahme dabei sein. Diese Kriterien sollte die betroffene Person in Deutschland möglichst schnell erfüllen, denn anders als in vielen europäischen Ländern und in Teilen der USA bleiben dafür nur zwölf statt 24 Wochen Zeit. 

Zusätzlich schneiden wir beim Abtreibungsrecht nicht nur international schlecht ab, sondern haben selbst in Anbetracht unserer deutschen Historie Rückschritte gemacht. In der DDR waren Schwangerschaftsabbrüche nämlich seit 1972 erlaubt und konnten bedingungslos innerhalb der ersten zwölf Wochen in einer Klinik durchgeführt werden. Abbrüche waren in der DDR sogar soweit endstigmatisiert, dass Frauen beim Feststellen der Schwangerschaft selbstverständlich gefragt wurden, ob sie diese austragen wollen oder eben nicht. 

Kurzum: Wir haben noch einen langen Weg zu gehen, denn erst die Abschaffung von §218 und die Möglichkeit zu einem mündigen, legalen und sicheren Abbruch wird uns die Gleichberechtigung der Geschlechter wirklich näher bringen. 

 

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