Meine Tochter lernt arabisch an einer deutschen Grundschule: So funktioniert es

von | 22.01.2023 | Diskriminierung, migration, Rassismus

Meine Tochter besucht die erste Klasse einer Grundschule in Essen und auf ihrem Stundenplan steht Arabisch. Keine Selbstverständlichkeit, leider, obwohl es in fast allen Bundesländern gesetzlich möglich ist. Auch an der Grundschule unserer Tochter gab es keinen Arabischunterricht, als meine Ehefrau und ich sie dort angemeldet haben. Wie sich das geändert hat, dazu später mehr.

Manch eine*r fragt sich vielleicht, warum überhaupt Arabisch an einer deutschen Schule unterrichtet werden sollte. In § 10 Abs. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz NRW steht dazu: „Das Land erkennt Mehrsprachigkeit als wichtiges Potenzial für die kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Nordrhein-Westfalens und für die Förderung chancengerechter Bildungsteilhabe im Sinne dieses Gesetzes an.“

Bei diesem Gesetz handelt es sich konkret um herkunftssprachlichen Unterricht, kurz: HSU. Aktuell gibt es in Nordrhein-Westfalen HSU in 29 Sprachen, darunter albanisch, chinesisch, niederländisch und türkisch. Im vergangenen Schuljahr nahmen gut 100.000 Schüler*innen am HSU in NRW teil, aber es könnten deutlich mehr sein, denn fast eine Millionen Schüler*innen haben in NRW eine internationale Geschichte, aber…

In NRW wird HSU unterrichtet, wenn in der Primarstufe mindestens 15 und in der Sekundarstufe I mindestens 18 Schüler*innen mit derselben Herkunftssprache angemeldet werden. Möglich sind auch schulform- und schulübergreifende Lerngruppen.

Klingt erst einmal super, aber es gibt da noch einen Haken. Viele Eltern wissen überhaupt nichts von diesem Rechtsanspruch und Schulen sind auch nicht dazu verpflichtet, Eltern darüber zu informieren. So ähnlich war es auch an der Grundschule meiner Tochter. Deswegen habe ich mich Anfang des Schuljahres eine ganze Woche vor die Schule gestellt, um Eltern zu informieren. Und siehe da: Ich habe 30 Anmeldungen für HSU-Arabisch zusammenbekommen. Doppelt so viele, wie eigentlich notwendig sind.

Meine Tochter freut sich sehr über diese Entwicklung. Um HSU mehr Schüler:innen zu ermöglichen, sollte das Gesetz erweitert werden. Schulen sollten verpflichtet werden, die Elternschaft über HSU zu informieren und darüber hinaus eine Bedarfsabfrage durchzuführen. Denn alle Fremdsprachen müssen wertgeschätzt werden.

Dies ist derzeit jedoch nicht überall der Fall. So sieht dies auch Birgül Karaarslan. Sie ist Gymnasiallehrerin und Vorsitzende beim Verband muslimischer Lehrkräfte: „Mit Bedauern ist festzustellen, dass es seitens der Schulleitungen und auch Lehrkräften keine echte Förderung der natürlichen Zweisprachigkeit der Schüler*innen gibt. Ganz im Gegenteil genießen die Herkunftssprachen Russisch, Arabisch, Türkisch etc. leider kein gutes Ansehen, sondern Eltern wird abgeraten, ihre Kinder zusätzlich dieses Angebot in Anspruch zu nehmen.“

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